Wird Billa Plus zu Rewe Minus?

8. Februar 2021

Mit der geplanten Umbenennung von Merkur in Billa Plus fährt der Rewe-Konzern eine Strategie mit vielen offenen Fragen. Kann so der Angriff auf die Marktführerschaft von Spar gelingen? 

Nach Konsum, Pam Pam, Mondo, Schlecker, Löwa und Zielpunkt wird ab April 2021 auch Merkur auf dem Friedhof der Handels-Marken ruhen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist das Rebranding zu „Billa Plus“ kurzfristig – und vielleicht auch mittelfristig – eine durchaus nachvollziehbare Strategie. Denn letztes Jahr hatte Rewe erstmals in der Geschichte des heimischen Lebensmitteleinzelhandels die Marktführerschaft an Spar verloren. Der Gedanke, die Marketingaktivitäten in Billa und Billa Plus zu bündeln, ist von diesem Blickwinkel aus sicherlich ein richtiger. So kann der Rewe-Konzern in einigen Bereichen Synergieeffekte nutzen, Werbebudgets effizienter einsetzen, mit einer gemeinsamen Marke stärker auftreten und noch mehr bewegen.

Ein mutiger Schritt oder doch eine sehr defensive Strategie?

Aus Markensicht stellt sich jedoch die Frage, ob „Plus“ wirklich eine gute Lösung ist? Langfristig lässt sich daraus nur ein Wachstumsvorteil generieren, wenn es Rewe gelingt, die unterschiedlichen Zielgruppen-Positionierungen von Billa und Merkur in einer starken Marke zu vereinen. Auf den ersten Blick gibt man mit dieser defensiven Strategie jedenfalls die Premium-Positionierung von Merkur auf. Zum Markenversprechen der 1969 gegründeten Handelskette gehörte unter anderem ein gehobeneres Einkaufserlebnis mit Fokus auf Frische, einem breiten Sortiment und qualitativ hochwertigen Produkten. Es ist fraglich, ob loyale Fans des grünen Merkur künftig zur „Plus“-Variante der gelb-roten Rewe-Tochter gehen wollen, oder ob sie ihre Freundschaft mit „Fränz“ – wie das Werbetestimonial in Anlehnung an den Kundenclub „Friends of Merkur“ heißt – aufkündigen werden.

Namensgebung weder Fisch noch Fleisch

Ein zentrales Problem der Strategie betrifft vor allem die eher wenig inspirierende Namensgebung – hier hätte es deutlich mehr Potenzial gegeben. Was bedeutet es für die Ursprungsmarke Billa, wenn es plötzlich eine „Plus“-Variante gibt? Das „Plus” suggeriert jedenfalls, dass künftig zwischen einem besseren und einem schlechteren Billa unterschieden wird. Die ursprüngliche Marke erfährt dadurch kein Upgrade, sondern wird automatisch abgewertet, da mit einem Plus automatisch auch eine qualitative Komponente mitschwingt. Mitbewerber wie Spar beispielsweise nahmen bei der Namensgebung deutlich klaren Bezug auf die Größe ihrer Märkte – siehe Eurospar und Interspar – und schafften dadurch keine Schlechter-Stellung des kleineren Marktes.

 

Von der bestehenden Merkur-Kunden-Seite her gedacht, stellt der künftige Name Billa Plus ebenfalls keine Einladung dar. Denn der Name geht von Billa aus – einer Marke, die qualitativ nie so hochwertig positioniert war wie Merkur. Zur Erinnerung: Als Karl Wlaschek 1961 seinen Lebensmittelhandel aus der Taufe hob, leitete er den Namen von „Billiger Laden“ ab. Der bestehende Merkur-Kunde könnte sich dadurch also auch abgewertet fühlen. Der erhoffte Imagetransfer und eine Aufwertung von Billa finden nicht statt, im Gegenzug schwingt auch bei einem grün gebrandeten Billa Plus gefühlsmäßig immer das Image der gelb-roten Ursprungsmarke mit. Und „Plus“ bedeutet schlussendlich für jeden etwas Anderes – im schlimmsten Fall schlägt es sogar ins Gegenteil um: Minus.

Angriffschance auf Spar verpasst?

Der vermeintliche Angriff auf Spar könnte sich eher als „Spar-Angriff“ herausstellen. Mit dieser defensiven Strategie besteht zwar für Rewe die Chance, das laufende Geschäft zu optimieren. Die Wahrscheinlichkeit, damit neue Zielgruppen zu erreichen, ist aber eher gering. Mit dem bald verschwundenen Merkur droht dem Rewe-Konzern, treue Stammkunden zu verlieren, denen das neue Markenimage nicht schmeckt. Ob diese Strategie für die Rückeroberung der Marktführerschaft von Spar reichen wird, ist die große Frage. Eine mutigere und offensivere Strategie hätte für den Start von Billa Plus und die Ansprache potenzieller Kunden wohl mehr Strahlkraft gehabt. Eine Strategie, die sowohl Billa aufwertet, als auch neue Zielgruppen für den zuletzt schwächelnden Merkur erschließt. Es wird auf jeden Fall nicht genügen, einfach nur ein neues Branding drauf zu kleben, die neue Marke muss mit Leben erfüllt werden und sowohl Mitarbeiter*innen als auch Kund*innen ein wirklich erlebbares Plus im Vergleich zur Vergangenheit bieten. Sonst besteht die Gefahr, dass Billa Plus für Rewe zu einem großen Minus wird.

Gastkommentar am 08. Februar 2021 erschienen auf:

www.cash.at

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